Die Nervosität an den Finanzmärkten steigt

Monatsbericht August 2024

Turbulenzen an den Finanzmärkten: Volatilität und konjunkturelle Unsicherheiten dominieren.

Datum
06. August 2024
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Der Freudentanz der Märkte zum „September Song“ war nur von kurzer Dauer. An der Pressekonferenz vom 31. Juli machte der Vorsitzende der US-Notenbank (Fed), Jay Powell, mehr oder weniger klar, dass die Fed im September mit Zinssenkungen starten wird. Die Märkte reagierten erfreut auf die Aussichten sinkender US-Leitzinsen. Doch bereits in den folgenden Handelstagen wendete sich das Blatt zum schlechteren. Arbeitsmarkt- und Konjunkturdaten, die unter den Erwartungen hereinkamen, wurden nun als Hinweis gedeutet, dass die Fed bereits „hinter der Kurve“ sei und die signalisierten Zinssenkungen im September zu spät und zu zaghaft erfolgen würden.

An den Aktienmärkten resultierte im Monatsvergleich in den USA für den S&P 500 ein Minus von 4% und der Nasdaq Composite rutschte um 9% nach unten. Dagegen konnte der Russell 2000 (Small Caps) um 4% zulegen. Im bisherigen Jahresverlauf lagen der S&P 500 und der Nasdaq Composite immer noch mit 12% im Plus, während der Russell 2000 um 4% anstieg. Der S&P 500 erreichte mit 5‘667 am 16. Juli ein neues Allzeithoch und lag am 2. August bei 5‘346, knapp 6% tiefer.
In Europa verlor der Stoxx 600 im Monatsvergleich 3%, der Swiss Leader Index (SLI) büsste knapp 2% ein, und der FTSE 100 im Vereinigten Königreich konnte sich knapp um die 0%-Marke halten. Im bisherigen Jahresverlauf resultierte im Stoxx 600 ein Plus von 4%, im SLI ein Zuwachs von 8%, während der FTSE 100 um 6% avancierte.
In Asien führte die Zinserhöhung in Japan zu einem Rückschlag im Nikkei 225 um über 12% im Monatsvergleich, während der Shanghai Composite knapp 2% einbüsste. Im bisherigen Jahresverlauf lag der Nikkei 225 mit einem Plus von 7% vorne, während der Shanghai Composite bisher etwas mehr als 2% verlor.

Ein Blick unter die Motorhaube an den Aktienmärkten zeigte ein etwas differenzierteres Bild. Im Monatsvergleich stieg in den USA der Immobiliensektor um 9% und der Versorgersektor legte um 8% zu, während der Technologiesektor über 12% einbüsste.
Auch in Europa waren im letzten Monat eher defensivere Sektoren gefragt: Telekom +3%, Immobilien +2%, Versorger und Gesundheitswesen +1%. Demgegenüber lagen Technologie mit -15%, Basisrohstoffe -12%, Automobile -11% und Banken mit -10% im Minus.
Ein ähnliches Bild zeigte sich bei den Stilfaktoren: sowohl in den USA als auch in Europa lag der Faktor Minimum Volatilität im Monatsvergleich vorne, während der Momentum-Faktor am schlechtesten abschnitt. Daraus lässt sich ableiten, dass die Aktienmärkte dabei gewesen sind, ein sogenanntes Desinflationsszenario einzupreisen. In diesem Szenario sinken Wachstums- und Inflationsraten gleichzeitig.

Die überraschende Zinserhöhung der Bank of Japan am 31. Juli führte zu einem massiven Anstieg des japanischen Yen. Der USD/JPY Wechselkurs sank alleine in den letzten Juli- und den ersten Augusttagen von 153 auf 146. Für einige Marktbeobachter sind diese starken Wechselkursverschiebungen im Yen eine der Ursachen für die Turbulenzen an den globalen Finanzmärkten gewesen. Auch der als “Sicherer Hafen” geltende Schweizerfranken beendete die letzte Handelswoche besonders stark. Zum Handelsschluss am 2. August lag der USD/CHF bei 0.858 und der EUR/CHF bei 0.936.

Die Zinssenkung durch die Bank of England am 1. August ging im allgemeinen Informationsfluss ob all der Turbulenzen fast etwas verloren.

Auch an den Anleihemärkten waren stärkere Ausschläge zu verzeichnen. Die Renditen der 10-jährigen US Treasury Bonds sanken unter 3.80%, von 4.45% anfangs Juli. Die Renditen 2-jähriger US-Staatsanleihen brachen in den letzten Handelstagen förmlich ein, auf unter 3.90%, von 4.75% anfangs Juli. Die Renditen 2-jähriger Anleihen werden stark von der erwarteten Zinspolitik der Notenbank beeinflusst, während die langfristigen Renditen eher einen Rückschluss auf erwartete Konjunktur- und Inflationsdaten geben.
Deutschland und die Schweiz verzeichneten ebenfalls sinkende langfristige Renditen. Die Renditen 10-jähriger Bunds sanken unter 2.2%, diejenigen des 10-jährigen Eidgenoss‘ auf unter 0.4%.

Die Aussicht auf sinkende Leitzinsen aufgrund tieferer Inflationsraten und einer sich abkühlenden Konjunktur war der ideale Nährboden für den Goldpreis. Zum Handelsschluss am 2. August lag der Preis nahe bei $2’500 pro Feinunze, einem neuen Allzeithoch.

Der Volatilitätsindex VIX, auch bekannt als Angstbarometer der Wall Street, erreichte am 2. August im Tagesverlauf ein Höchst von knapp 30 und beendete den Handelstag bei 23.
VIX-Werte zwischen 20 und 30 gelten gemeinhin als unruhige, schwierige Märkte. Bei über 30 wird es ungemütlich. Als einfache Faustregel gelten VIX-Werte von weniger als 19 als investierbare, einfache Aktienmärkte, in denen Aktien meist leicht nach oben tendieren.

In der Vergangenheit war es oft so, dass die US-Wirtschaft nach der ersten Senkung der Leitzinsen in eine Rezession rutschte. Auch die Normalisierung der Zinskurve durch einen sogenannten “bull steepener” – kurzfristige Zinsen sinken stärker als langfristige – war historisch gesehen alles andere als bullish für die Konjunktur und war oft der Vorbote einer Rezession.

Viele Marktteilnehmer stellen sich die Frage, ob sie die Kursrücksetzer für Zukäufe nutzen (“buy the dips”) oder nach Kursanstiegen eher etwas Aktien verkaufen sollten (“sell the rips”). Wir erachten es aus folgenden Gründen derzeit nicht als sinnvoll, grosse Wetten einzugehen:

  1. Bisherige Jahresgewinne: Viele Vermögenswerte haben in diesem Jahr bereits deutliche Zuwächse verzeichnet, Fondsmanager sitzen auf beachtlichen Gewinnen. Für viele lohnt es sich nicht, diese Gewinne zu riskieren. Sie erachten es als sicherer, das Geld in kurzfristige Staatsanleihen zu parken, um moderate Renditen zu sichern und die Lage Anfang 2025 neu zu beurteilen.
  2. Liquiditätsprobleme: Die Liquidität auf dem Markt wird zunehmend zum Problem, verstärkt durch algorithmischen Handel, Hebelwirkung und überfüllte Positionen. Wenn sich das Marktsentiment ändert, könnte es zu übertriebenen Preisbewegungen führen.
  3. Saisonale Trends: August und September sind historisch gesehen schwierige Monate für den Aktienmarkt.
  4. Erwartungen an die US-Notenbank (Fed): Während der Markt mittlerweile zu 80% erwartet, dass die Fed die Zinsen im September um 0.50% senken wird, könnte dies zu optimistisch sein. Äusserungen von Fed-Vertretern deuten darauf hin, dass sie widerstrebender sind, die Zinsen so stark zu senken, wie es vom Markt erwartet wird.

Ein berühmter Investor sagte einmal: „Es ist bemerkenswert, welchen langfristigen Vorteil Menschen wie wir erlangt haben, indem wir einfach versucht haben, konsequent nicht dumm zu sein, anstatt sehr intelligent zu sein.“ Die Zukunft kennt niemand. Keiner weiss, was da kommt. Als eines der grössten Risiken erachten wir eine zu hohe Überzeugung bezüglich zukünftiger Ereignisse. Dies kann zu einer unausgewogenen Ausrichtung des Portfolios führen. Vor diesem Hintergrund erachten wir eine echte, strukturelle Diversifikation als sinnvoll. Zur Ergänzung des Aktienanteils bevorzugen wir in erster Linie Anlagen in langfristige Staatsanleihen und in Gold. Zusätzlich zu Goldanlagen können etwas risikofreudigere Anleger auch erstklassige Goldminenaktien in Betracht ziehen, die im Vergleich zum Goldpreisanstieg im bisherigen Jahresverlauf in der Kursentwicklung noch etwas zurückgeblieben sind.

„Die Aktienmärkte nehmen die Rolltreppe nach oben und den Aufzug nach unten.“
Alte Börsenweisheit
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