Rück- und Ausblick

Quartalsausblick Q4 2022

Inflation, Rezession sowie die Reaktionsfunktion der Notenbanken – dieses „Dreigespann“ bleibt weiterhin im Fokus der Märkte.

Datum
25. April 2023
Kategorien

Rückblick

Anleihen

Die Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen erreichte in der letzten Septemberwoche ihren vorläufigen Höchststand bei knapp 4%. Das Quartal beendete sie bei 3.83%. Die Rendite 2-jähriger US-Staatsanleihen stand zum Quartalsende bei 4.27%. Somit betrug der „Renditeaufschlag“ -0.44% oder minus 44 Basispunkte. Der Markt ging von zirka fünf weiteren Zinsschritten zu jeweils 0.25% bis zum Ende des 1. Quartals 2023 aus. Daraus ergäbe sich auf dem Höchst ein US-Leitzins von 4.50%. Derzeit liegt die Fed Funds Rate bei 3.25%. Die nächsten planmässigen Fed-Sitzungen finden am 2. November und am 14. Dezember 2022 statt.

Das gleiche Bild steigender Zinsen zeigte sich auch in der Eurozone. Die Rendite 10-jähriger Deutscher Bunds stieg von 1.37% anfangs Juli bis auf ein Höchst von 2.27% in der letzten Septemberwoche. Das Quartal wurde mit 2.11% beendet. Die Rendite 10-jähriger italienischer Staatsanleihen zog bis auf 4.65% an und beendete das Quartal bei 4.50%. Der Renditeaufschlag zu deutschen Bundesanleihen lag damit nur noch knapp unter 250 Basispunkten. Es wird vermutet, dass ein nachhaltiges Überschreiten dieser Marke die EZB zum Eingreifen zwingt, um dem sogenannten Fragmentierungsrisiko in der Eurozone entgegenzuwirken.
Im Vereinigten Königreich verdoppelte sich die Rendite 10-jähriger Gilts während des Quartals von 2.24% bis auf 4.58% in der letzten Septemberwoche. Dieser starke Zinsanstieg – ausgelöst durch die Präsentation des „Mini-Budgets“ der neuen Regierung – zwang die Bank of England zu Marktinterventionen, um einen Kollaps des UK-Pensionskassensystems zu verhindern. Zum Quartalsende lag der Zins bei 4.10%.

Die Bank of Japan änderte im 3. Quartal nichts an ihrer Politik der Zinskurvenkontrolle, welche die Rendite 10-jähriger JGBs weiterhin unter der Marke von 0.25% hielt.

Die Renditen der Schweizer Staatsanleihen bewegten sich parallel zum Zinsverlauf in den USA und in der Eurozone: ein Rückgang bis anfangs August, gefolgt von einem kontinuierlichen Anstieg bis in die letzte Septemberwoche. Aufgrund der Marktinterventionen der Bank of England am Bondmarkt erfolgte auch hierzulande ein abrupter Zinsrückgang per Quartalsende. Die Rendite 10-jähriger Eidgenossen beendete das Quartal bei 1.24%, nach einem Zwischenhoch von 1.54%. 2-jährige Schweizer Staatsanleihen rentierten zum Quartalsende 0.75%.

Quelle: Bloomberg

 

Kredite

Bis anfangs August konnten Unternehmensanleihen aufgrund eines rückläufigen Zinsniveaus zwischen 4% bis 7% zulegen. Danach drückten steigende Zinsen und ein sich eintrübendes Konjunkturumfeld auf die Kurse, so dass zum Quartalsende ein Verlust zwischen 1% für europäische Hochzinsanleihen und 7% für US Investment-Grade Anleihen resultierte.

Der Stimmungswandel an den Märkten reflektierte sich auch an den Kreditaufschlägen für US-Hochzinsanleihen. Bis anfangs August sanken diese sogenannten „Credit Spreads“ von 5.87% bis auf 4.21%, danach folgte ein stetiger Anstieg auf 5.50% zum Quartalsende.

Investment-Grade Anleihen sind die hochwertigsten Anleihen, die von einer Rating Agentur bestimmt werden; Hochzinsanleihen sind spekulativer und haben ein Kreditrating unter Investment-Grade. Die Preise von Hochzinsanleihen bewegen sich oft ähnlich wie die Aktienmärkte, während die Preise von IG-Anleihen stärker durch das generelle Zinsniveau beeinflusst werden.

Im 3. Quartal konnten globale Wandelanleihen 3.3% zulegen, während Schwellenländer-Staatsanleihen (in USD) 4.5% einbüssten.

Quelle: Bloomberg

 

Aktien

Während dem 3. Quartal legten europäische und US-amerikanische Aktienmärkte bis Mitte August zwischen 6% und 14% zu. Danach setzte sich begleitet von steigenden Zinsen eine weitere Abwärtsbewegung in Gang, so dass zum Quartalsende ein Rückschlag zwischen 5% und 7% resultierte. Im bisherigen Jahresverlauf lag der Swiss Leader Index mit 26% im Minus, während der paneuropäische STOXX 600 fast 21% einbüsste und der S&P 500 um 25% absackte.
Der Shanghai Composite verlor im 3. Quartal 11%, obwohl die chinesische Notenbank die Leitzinsen im Quartalsverlauf reduzierte. In Japan lag der Nikkei 225 im 3. Quartal um 2% tiefer, trotz schwachem Yen und einer ultra-lockeren Geldpolitik der japanischen Zentralbank.

Auf Sektor-Ebene legte in den USA im bisherigen Jahresverlauf einzig der Energiesektor zu (+30%). Dahinter folgten mit grossem Abstand die Sektoren Versorger (-8%), Basiskonsumgüter (-13%) und Gesundheitswesen (-14%). Am Schluss lagen die Sektoren Kommunikation (-38%) und Technologie (-32%).
In Europa lagen die Subsektoren Oel & Gas (+11%), Basisrohstoffe (-9%), Gesundheitswesen (-14%) sowie Food & Getränke (-15%) im bisherigen Jahresverlauf vorne. Am Schluss standen Retail (-44%), Real Estate (-42%) und Technologie (-35%).

Auf Länderebene belegten im bisherigen Jahresverlauf Indonesien (+7%), Brasilien (+5%) und Saudi-Arabien (+2%) die vordersten Plätze.

Quelle: Bloomberg

 

Rohstoffe und Alternative Anlagen

Die Kursschwankungen im Erdölpreis nahmen im 3. Quartal wieder zu, allerdings mit negativen Vorzeichen mit jeweils tieferen Tiefst- und tieferen Höchstkursen. Zum Quartalsende notierte das Fass Brent-Rohöl bei $85, ein Quartalsverlust von 26%. Im bisherigen Jahresverlauf stand der Kurs aber immer noch mit 9% im Plus.
Der Kupferpreis sank im Quartalsverlauf 8%, während Silber 6% und Gold 7% einbüsste. Im bisherigen Jahresverlauf sah es per 30. September wie folgt aus: Gold -8%, Silber -18% und Kupfer -23%.

Der Aderlass bei Krypto-Währungen konnte im 3. Quartal etwas gestoppt werden: Bitcoin (BTC/USD) -3%, Ether (ETH/USD) +24%. Im bisherigen Jahresverlauf resultierte aber immer noch ein massiver Kursverlust von 58% für Bitcoin und von 64% für Ether.

Quelle: Bloomberg

 

Währungen

Die täglichen Schwankungsbreiten im FX-Markt stiegen im 3. Quartal an, wobei „King Dollar“ seinen Siegeszug unbeirrt fortsetzte: +7% im Quartal, +17% im bisherigen Jahresverlauf gemessen am Dollar Index (DXY), einem Währungskorb mit den wichtigsten Handelswährungen.

EUR/CHF startete das 3. Quartal bei Parität, einem Wechselkurs von 1.00. Im Quartalsverlauf sank das Währungspaar bis auf 0,95 und beendete das Quartal bei 0.9670.
Das USD/CHF-Währungspaar bewegte sich zwischen 0.94 und 0.99 und beendete das Quartal nahe dem Höchststand bei 0.9870, einem Plus von 3% im Quartalsverlauf.
Starke Ausschläge erfolgten in den letzten Septemberwochen im britischen Pfund. Aufgrund der 180-Graddrehung der Bank of England sank GBP/CHF am 23. September um über 3%. Zum Quartalsende resultierte ein Rückgang von 5% bei einem Kurs von 1.1010.
Nach anfänglichen Avancen setzte sich die Schwäche im japanischen Yen auch im 3. Quartal fort. Gegenüber dem CHF resultierte ein Quartalsverlust von 3%.

Quelle: Bloomberg

Ausblick

Inflation, Rezession sowie die Reaktionsfunktion der Notenbanken – dieses „Dreigespann“ bleibt weiterhin im Fokus der Märkte.

Das annualisierte Wachstum in den USA betrug im 1. Quartal -1.6% und im 2. Quartal 2022 -0.6%. Normalerweise entsprechen zwei negative Quartale in Folge der Definition einer Rezession. Dieses Mal wurde aber mit Blick auf den starken Arbeitsmarkt noch keine Rezession ausgerufen. Bleibt der Arbeitsmarkt stark, und bleibt die Inflation über der Zielinflation von 2%, so wird die US-Notenbank Fed die Zinsen planmässig weiter erhöhen. Schwächt sich Konjunktur und Arbeitsmarkt stark ab, so dürften die erwarteten Unternehmensgewinne unter Druck geraten.

Quelle: forexlive.com

Wir gehen davon aus, dass sich Konjunktur und Inflation im 4. Quartal leicht abkühlen werden. Allerdings dürfte die Inflation auf hartnäckig hohen Niveaus im Bereich von 7-8% verharren und der Arbeitsmarkt dürfte aufgrund demographischer Veränderungen ziemlich robust bleiben, so dass die US-Notenbank Fed nicht umhin kommen wird, die Leitzinsen weiter zu erhöhen. Demzufolge favorisieren wir ein Disinflations-, oder allenfalls ein Stagflationsszenario (siehe Abbildung oben).
Die stark erhöhten Volatilitäten an den Anleihe-, Aktien- und Währungsmärkten mahnen derzeit zu äusserster Vorsicht.

 

Anleihen

Die 180-Graddrehung der Bank of England (BoE) im Anleihemarkt zeigte einmal mehr auf, dass Turbulenzen oft von den langweiligsten Märkten ausgehen, mit denen keiner gerechnet hatte. Die Reaktion der BoE zeigte aber auch, dass die wichtigsten Notenbanken ein unkontrolliertes Abgleiten ihrer jeweiligen Anleihemärkte nicht tolerieren werden. Konsequenterweise wird die Wahl der „richtigen“ Währung umso wichtiger werden.
In der Eurozone gehen wir davon aus, dass im 4. Quartal das „Transmission Protection Instrument“ (TPI) der EZB zum Tragen kommen wird, da 10-jährige italienische Anleihen zwischenzeitlich mehr als 250 Basispunkte über den 10-jährigen Deutschen Bunds handeln dürften.

Aufgrund einer globalen konjunkturellen Abkühlung sind wir für erstklassige Staatsanleihen positiv eingestellt, wobei der Wahl der Währung zunehmende Bedeutung zukommt.

 

Kredit

In letzter Zeit haben sich Kommentare gemehrt, in denen Hochzinsanleihen als vielversprechende Alternative zu Aktien angepriesen werden. Wir bleiben skeptisch, gehen trotz bereits hoher Kreditaufschläge von einem weiteren Anstieg dieser Credit Spreads aus und glauben, dass etliche Kreditratings in den nächsten Monaten unter Druck kommen werden.

Wir bevorzugen Investment-Grade gegenüber Hochzinsanleihen und bleiben auch bei Anleihen aus Schwellenländern aufgrund erwarteter Kreditausfälle und aufgrund des erstarkten Dollars äusserst selektiv.

 

Aktien

Aufgrund des erwarteten Disinflations- oder Stagflationsszenarios, sowie stark erhöhter Marktvolatilitäten bevorzugen wir eine defensive Positionierung bei Aktienanlagen. Mittlerweile sind zwar viele schlechte Nachrichten im Aktienmarkt eingepreist. Trotzdem weht Aktien ein starker Gegenwind ins Gesicht, solange die Leitzinsen weiter ansteigen. Erst wenn die Notenbanken den Zinszyklus beenden, oder allenfalls kurz davor stehen, wird der Aktienmarkt einen nachhaltigen Boden finden.

 

Rohstoffe

Nach einem Kurseinbruch im 3. Quartal von 26% auf $85 pro Fass rechnen wir beim Brent-Rohölpreis im 4. Quartal mit steigenden Preisen. Die geopolitischen Spannungen werden im Vergleich zu einer globalen Konjunkturabkühlung stärker ins Gewicht fallen. Zudem sind im Futures-Markt die Net Long-Positionen in den letzten Monaten stark gefallen.
Beim Kupferpreis rechnen wir im letzten Quartal des Jahres mit steigenden Kursen. Die Stimmung ist mittlerweile stark eingetrübt, der Preis im bisherigen Jahresverlauf um über 23% gesunken. Zudem sind die Net Short-Positionen am Markt derzeit ausgesprochen hoch.
In USD ausgedrückt hat der Goldpreis im laufenden Jahr zwar 8% eingebüsst. In den meisten anderen Währungen gemessen und im Vergleich zu den meisten Anlageklassen sieht das gelbe Metall aber so schlecht nicht aus. Für das 4. Quartal rechnen wir mit steigenden Goldnotierungen. Die Net Long-Positionen sind zur Zeit noch etwa halb so hoch wie im 1-jährigen Durchschnitt, d.h. viele Spekulanten, die auf steigende Goldpreise gesetzt hatten, haben den Bettel hingeschmissen. Wir schätzen auch die Eigenschaften von Gold zur Portfoliodiversifikation. Die Kursentwicklung des Silberpreises dürfte im Schlussquartal einiges volatiler verlaufen.

 

Währungen

Der FX-Markt entpuppt sich zunehmend als Ventil an den globalen Finanzmärkten. Während Anleihe- und Aktienmärkte notfalls durch die jeweiligen Notenbanken gestützt werden können, entladen sich Spannungen im Finanzgefüge unmittelbar im Währungsmarkt. Die Volatilitäten sind in den letzten Monaten in den meisten Währungspaaren denn auch stark angestiegen, insbesondere gegenüber JPY und gegenüber GBP. Auf globaler Basis wird insbesondere der ausserordentlich starke Dollar argwöhnisch beäugt, der in der Vergangenheit oft zu Turbulenzen an ganz unterschiedlichen Orten geführt hatte. Schwer zu sagen, ob es im aktuell angespannten geopolitischen Umfeld zu einem „Plaza Accord 2.0“ wie im Jahr 1985 kommen wird. Damals beschlossen die fünf wichtigsten Wirtschaftsnationen, die Deutsche Mark und den Yen gegenüber dem Dollar aufzuwerten, da der Greenback nach einem fulminanten Zinserhöhungszyklus durch den damaligen US-Notenbankpräsidenten Paul Volcker zu stark geworden war. Einige Notenbanken – darunter auch die SNB – haben erkannt, dass eine starke Währung auch als Waffe zur Inflationsbekämpfung eingesetzt werden kann.
Fürs 4. Quartal bleiben wir bullish USD/CHF, denn die US-Notenbank wird die Leitzinsen unbeirrt weiter erhöhen. Zudem zeichnen sich in der Schweiz zunehmend Spannungen rund um die Credit Suisse ab, immerhin eine systemrelevante Bank.
Das Währungspaar EUR/CHF sehen wir nicht mehr ganz so negativ, denn die Energie- und Sicherheitskrise in Europa könnte zu gemeinsamen Anleiheemissionen führen, einem ersten Schritt Richtung Fiskalunion.
Gegenüber GBP bleiben wir eher vorsichtig positioniert, die politischen Spannungen zwischen Fiskal- und Geldpolitik scheinen im Vereinigten Königreich mit jedem Tag grösser zu werden.
Der JPY könnte positiv überraschen, zumal die japanische Währung gemäss Kaufkraftparität gegenüber den meisten Währungen stark unterbewertet ist.

Schlussfolgerung

Eine defensive Positionierung scheint weiterhin angebracht zu sein. Zwar sind mittlerweile viele schlechte Nachrichten vom Markt eingepreist worden. Trotzdem zeigen erhöhte Marktvolatilitäten und das abrupte Eingreifen der Bank of England, dass die Finanzmärkte derzeit auf sehr wackligen Füssen stehen. Ob es tatsächlich zu einem heftigen Beben kommen wird, ist schwer abzuschätzen. Wie im 2008/2009 erfolgen immer wieder kurze und heftige Bärenmarkt-Rallys an den Aktienmärkten. In der Schweiz scheint die Credit Suisse zunehmend in Schieflage zu geraten. Deren Aktienkursverlauf spricht Bände. Vor diesem Hintergrund empfehlen wir ein Übergewicht der Cash-Position, eine erhöhte Allokation in erstklassigen Staatsanleihen, in US-Dollar und auch in Gold. Weiterhin achten wir darauf, nur in liquide Anlagen zu investieren und meiden illiquide alternative Anlagen.

“Die Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich”
Mark Twain
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