Zinssenkungszyklus gewinnt im September an Dynamik

Monatsbericht September 2024

Werden die erwarteten Zinssenkungen das Wirtschaftswachstum ankurbeln, oder kündigt sich eine Rezession an?

Datum
03. September 2024
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Zwei Drittel des Jahres 2024 liegen hinter uns, und die Aktienmärkte haben sich bisher gut entwickelt. Der August, normalerweise ein ruhiger Sommermonat, war zwar dieses Jahr etwas turbulent. Ein starker Einbruch zu Beginn des Monats wurde von einem beeindruckenden Rally abgelöst. Auslöser war wahrscheinlich die Erhöhung der japanischen Leitzinsen und die Auflösung des “Yen Carry Trade”.

Im bisherigen Jahresverlauf legten der S&P 500 und der Nasdaq Composite in den USA um 18% zu. Der MSCI World und der japanische Nikkei 225 gewannen gut 15%. Der SMI in der Schweiz avancierte 12% und der pan-europäische Euro Stoxx 50 knapp 10%. Im Gegensatz dazu verlor der Shanghai Composite in China über 4%.
Gold notierte nahe dem Allzeithoch bei über $2’500 pro Feinunze und legte im bisherigen Jahresverlauf um über 22% zu. Auf dem Anleihemarkt fiel der iShares 20+ Year Treasury Bond ETF (TLT) bis Ende August um etwas mehr 2%.

Die Märkte werden ihr Augenmerk in den nächsten Wochen auf die Zinsentscheide der wichtigsten Zentralbanken richten. Die untenstehende Tabelle zeigt, mit welcher Wahrscheinlichkeit (Ws) die Geldmärkte im September eine Zinssenkung erwarten respektive bereits eingepreist haben. Besonders die Entscheidungen der US-Notenbank Fed werden dabei genau beobachtet. Derzeit liegen die Markterwartungen mit einer Wahrscheinlichkeit von 70% bei einer Zinssenkung von 25 Basispunkten (bps) und mit 30% bei einem Zinsschnitt von 50 bps (Quelle: CME FedWatch Tool, 30. August 2024).

Quelle: eigene Darstellung; Stand Freitag, 30. August 2024 *Deutschland

Wie die 2-jährigen Renditen bereits signalisieren, dürften die Leitzinsen auch in den darauffolgenden Monaten, mit Ausnahme derjenigen in Japan, weiter sinken. Böse Zungen behaupten, die 2-jährigen Renditen seien das “wichtigste Mitglied” im Entscheidungsgremium der Zentralbank, da sie eine sehr akkurate Prognose zur Zinsentwicklung abgeben…

Sinkende Zinsen verhalten sich umgekehrt proportional zu den Preisen von Anleihen, sollten also positiv für deren Kursentwicklung sein. Allerdings werden die Zinsen mit zunehmender Duration von den erwarteten Wachstums- und Inflationsaussichten beeinflusst und nicht von der Zinspolitik der Zentralbank. Auch die Angebots- und Nachfragedynamik spielt bei der Preisfindung längerfristiger Anleihen nur eine untergeordnete Rolle.

Bei Aktien ist der Pawlowsche Reflex oft der, dass sinkende Zinsen gut für Aktienkurse sind. Auf den zweiten Blick und aufgrund anekdotischer Evidenz hat sich jedoch gezeigt, dass der Start von Zinssenkungen durch die Fed oft mit einer Rezession und sinkenden Aktiennotierungen einhergegangen ist. Unseres Erachtens werden hier Korrelation und Kausalität vermischt. Oder einfacher formuliert: erfolgen die Zinssenkungen aufgrund einer kommenden Rezession, so ist das eher negativ, da tiefere zukünftige Gewinne stärker ins Gewicht fallen als ein tieferer Diskontierungssatz. Erfolgen die Zinssenkungen hingegen in einem einigermaßen robusten Wirtschaftsumfeld mit weiterhin soliden Unternehmensgewinnen, so ist das eher positiv zu beurteilen.

Für den Goldpreis sind tiefere Zinsen grundsätzlich positiv zu werten. Weitere Unterstützung könnte auch von geopolitischen Spannungen und von den wirtschaftlichen Problemen in China ausgehen.

Bei den Währungen spricht aufgrund der erwarteten Zinsverschiebungen so einiges für einen stärkeren JPY. Der USD dürfte hingegen gemäß der “Dollar Smile”-Theorie einen eher schweren Stand haben. Die Theorie besagt, dass der USD entweder in einem starken globalen Aufschwung (meist dominiert durch die USA) oder in einer globalen Rezession (Flucht in Sicherheit und in Liquidität) besonders gut gedeiht. Ein “soft landing” oder ein “business as usual”-Umfeld ist nicht so das Ding des Greenback.

Unten aufgeführt sind einige saisonale Trends über die letzten 20 Jahre für den Monat September:

  • Der schlechteste Monat für den S&P 500, ein Trend, der sich in den letzten vier Jahren trotz eines Bullenmarktes gehalten hat.
  • Der zweitschlechteste Monat für den DAX, gefolgt von einer starken Dreimonatsphase.
  • Der schlechteste Monat des Jahres für den MSCI Weltindex.
  • September markiert den Beginn einer schwachen dreimonatigen saisonalen Phase bei WTI-Rohöl.
  • Der schlechteste Monat für Gold.
  • Der zweitschlechteste Monat für Silber.

Wir bevorzugen vor diesem Hintergrund eine echte, strukturelle Diversifikation des Portfolios. Bei Aktien behalten wir ein leichtes Übergewicht von defensiven und zinssensitiven Sektoren wie Versorger, Immobilien, Gesundheitswesen, Nicht-Zyklische Konsumgüter, und auch Versicherungen. Im Bereich der Anleihen haben wir zusätzlich mittlere Laufzeiten (3 bis 7 Jahre) aufgebaut. Bei Unternehmensanleihen bevorzugen wir Investment Grade gegenüber Hochzinsanleihen. Unsere Goldallokation behalten wir bei.

Als interessante Portfoliobeimischung und zusätzliche Risikoabsicherung erachten wir Geldmarktfonds in JPY, da sich die Zinsdifferenz in den nächsten Monaten zugunsten des japanischen Yen verändern dürfte, und der JPY aufgrund der Kaufkraftparität immer noch stark unterbewertet ist. Dadurch könnte der JPY gegenüber den meisten anderen wichtigen Handelswährungen zulegen. Zudem sahen wir anfangs August, welche Turbulenzen eine starke und rasche JPY-Aufwertung an den meisten anderen Märkten auslösen kann.

„Wenn das Drucken von Geld die Armut beenden würde, würde das Drucken von Diplomen die Dummheit beenden.“
Javier Milei |
Präsident von Argentinien seit 2023 - Wahlkampf: La Libertad Avanza 22.Oktober 2021 in Las Palomas, Buenos Aires, Argentinien
Link zum Zitat

Zitat aus der Wahlkampfrede: La Libertad Avanza vom 22. Oktober 2021 in Las Palomas, Buenos Aires, Argentinien

Milei, J. (2021), https://quotesonfinance.com/quote/141/javier-milei-if-printing-money-would-end-poverty

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