Monatsbericht August 2023
Investoren können die saisonale Schwäche der Sommermonate für Zukäufe nutzen.
Rückblick
Per Ende Juli verzeichnete der US-amerikanische S&P 500 ein Plus von über 19% seit Jahresbeginn und verbuchte mit fünf Monatsgewinnen in Folge seinen längsten monatlichen Gewinnlauf seit zwei Jahren. Optimismus hinsichtlich sinkender Inflation und einer widerstandsfähigen Wirtschaft trug zu zunehmend breiter abgestützten Marktgewinnen bei. Der S&P 500 stieg im Juli um 3.1%. Der technologielastige Nasdaq Composite verzeichnete seit Ende Juni ein Plus von 4% und konnte seit Jahresbeginn um über 37% zulegen.
In den ersten fünf Monaten des Jahres 2023 wurde der Anstieg der Benchmark-Indizes praktisch ausschließlich von den sogenannten „Glorreichen Sieben“ Megacap-Unternehmen getrieben, nämlich Alphabet, Amazon, Apple, Meta, Microsoft, Nvidia und Tesla. In den letzten beiden Monaten begannen sich die Aktiengewinne zu verbreitern, da es Anzeichen dafür gab, dass die US Federal Reserve ihren Zinserhöhungszyklus bald beenden könnte, und die Möglichkeit bestand, die Inflation ohne Rezession zu senken.
Eine Version des S&P 500, bei der die Indexkomponenten gleich gewichtet sind, stieg seit Anfang Juni um fast 11%, verglichen mit einem Rückgang von 1% in den vorherigen fünf Monaten. In der letzten Juliwoche erhöhte die Fed die Leitzinsen auf 5.50%, den höchsten Stand seit 22 Jahren. Zwar ließ sie die Möglichkeit weiterer Zinserhöhungen offen, aber viele Ökonomen erwarten, dass dies die letzte Zinserhöhung im aktuellen Zyklus gewesen war.
Die Aussicht auf eine „sanfte Landung“ der Wirtschaft spiegelte sich auch auf den Anleihemärkten wider, wo die Prämie, die riskante Unternehmensschuldner für die Ausgabe neuer Anleihen zahlen müssen, rapide schrumpfte. Der Unterschied zwischen den Renditen von US-Hochzinsanleihen und entsprechenden Staatsanleihen verringerte sich seit Anfang Juni um fast 0.9%, einer der größten Rückgänge in einem Zeitraum von zwei Monaten seit 2020. Die Renditen von langfristigen US-Staatsanleihen stiegen im Juli, während die Renditen ihrer kurzfristigen Pendants mehr oder weniger unverändert blieben.
Auch europäische Aktien hatten einen soliden Lauf: Der pan-europäische Stoxx 600 verzeichnete den zweiten aufeinanderfolgenden monatlichen Anstieg und stieg seit Jahresbeginn um rund 11%. Der Swiss Leader Index legte im Jahresverlauf um 9% zu. Die Wirtschaft der Eurozone wuchs im zweiten Quartal 2023 um höher als erwartete 0.3%, nachdem sie im ersten Quartal stagniert hatte. Die jährliche Inflationsrate im 20-Länder-Währungsblock verlangsamte sich im Juli auf 5.3%. Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, deutete an, dass auch im europäischen Währungsblock die Zinserhöhungen möglicherweise dem Ende entgegengehen könnten, nachdem sie die Zinsen auf 4.25%, den höchsten Stand seit 2001, angehoben hatte.
In Asien verzeichneten chinesische Aktien ihren stärksten monatlichen Anstieg seit Januar, da schwache Daten die Hoffnung auf Wirtschaftsanreize seitens der Behörden und politischer Entscheidungsträger weckte, um das Wachstum zu fördern und einer Deflation entgegenzuwirken. Der Shanghai Composite stieg im Juli um 2.8% und seit Jahresbeginn um 6.5%. In Japan verzeichnete der breite Topix-Index im Juli einen Anstieg von 1.5%, was den siebten Monat in Folge mit Gewinnen und die längste Gewinnserie in einem Jahrzehnt darstellte. Der Index legte seit Jahresbeginn um 22.8% zu. Die Renditen von japanischen 10-jährigen Staatsanleihen stiegen auf den höchsten Stand seit Mitte 2014, nachdem die Bank of Japan den überraschenden Schritt unternommen hatte, die Zinskurvensteuerung auf dem JGB-Markt zu lockern.
Ausblick
Die positive Entwicklung der Aktienmärkte im bisherigen Jahresverlauf wurde von den meisten Strategen nicht prognostiziert. Mittlerweile haben einige das Handtuch geworfen und ihre Jahresendprognose nach oben korrigiert (Abbildung). Allerdings lag die durchschnittliche Prognose immer noch zirka 4% unter dem aktuellen Stand von 4‘513.
Viele Umfragen und Sentiment Indikatoren sind nach den starken Kursgewinnen der letzten Monate optimistischer geworden. Wenn man allerdings die tatsächliche Positionierung am Markt analysiert, so zeigt sich ein anderes Bild (Abbildung).
Die Abbildung zeigt die Netto-Positionierung „nicht-kommerzieller“ (spekulativer) Händler im S&P 500 Futures Markt. Es wird ersichtlich, dass diese seit Mitte des letzten Jahres mehrheitlich auf fallende Aktiennotierungen gesetzt haben.
Diese negative Marktpositionierung, eine erwartete Abschwächung der Inflation, robustes Wirtschaftswachstum und eine Beendigung des Zinserhöhungszyklus durch die Notenbanken könnten in der Tat zu weiter ansteigenden Aktienkursen führen.
Die Anzeichen mehren sich, dass die Inflation in den nächsten Monaten sinken wird. Darauf deuten beispielsweise stark rückläufige Produzentenpreise in China, die ja in erster Linie für den globalen Konsum produzieren.
Das BIP-Wachstum setzt sich aus Konsum, Investitionen und Regierungsausgaben zusammen. Der private Konsum hat sich zwar etwas abgekühlt, vor allem im Güterbereich, weniger bei Dienstleistungen. Andererseits hielten sich die Unternehmen lange mit Investitionen zurück, da dies eine der meistangekündigten – und bisher nicht eingetretenen – Rezession der Geschichte gewesen ist. Nun besteht hier zunehmend Nachholbedarf. Regierungsausgaben dürften sich zudem durch Infrastrukturprojekte weiter auf hohen Niveaus halten und gleichzeitig einen positiven Effekt auf die Lieferketten ausüben, so dass insgesamt ein Abgleiten der Wirtschaft in eine Rezession verhindert werden kann. Durch sinkende Inflationsraten sind auch keine weiteren Zinsschritte mehr notwendig. Die Geldmenge ist in den letzten Monaten nach einer rückläufigen Tendenz im 2022 wieder leicht angestiegen.
Bleibt die stark inverse Zinskurve als Vorbote einer zukünftigen Rezession? Ein alternativer Erklärungsansatz könnte wie folgt aussehen:
Die US-Notenbank liess im Rahmen ihrer angekündigten quantitativen Straffung der Geldpolitik langfristige Treasury Bonds auslaufen und erhöhte die kurzfristigen Leitzinsen.
Gleichzeitig wurden die Infrastrukturprojekte der Regierung mit kurzfristigen Treasury Notes finanziert. Diese kurzfristigen Papiere dienen praktisch zu 100% als Kreditsicherheit, so dass sich die Halter problemlos Geld ausleihen können. Dadurch kann sich die Geldmenge sogar ausweiten. Das geringere Angebot langfristiger Anleihen führte bei gleichbleibender Nachfrage zu steigenden Kursen resp. zu tieferen Zinssätzen.
Mit anderen Worten: in den USA hat das Zusammenspiel von Geld- und Fiskalpolitik indirekt zu einer quantitativen Lockerung und zu einer Zinskurvenkontrolle geführt, ohne dies öffentlich zu verkünden. Der Vorteil dabei ist gewesen, die Inflationserwartungen zu senken ohne die Geldmenge zu reduzieren und dadurch die Konjunktur abzuwürgen.
Die saisonale Schwäche während den Sommermonaten kann für Zukäufe an den Aktienmärkten genutzt werden.